Ungarn noch genauer auf die Finger schauen

Ungarn noch genauer auf die Finger schauen

„Wer wie Ungarn Zäune gegen Kriegsflüchtlinge baut oder wer die Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz verletzt, der sollte vorübergehend oder notfalls für immer aus der EU ausgeschlossen werden.“ So harsch die Forderung von Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn in der WELT klingt, so wenig überraschend ist sie auch. Nachdem die ungarische Regierung unter Viktor Orbán sich seit Monaten insbesondere durch eine immer restriktivere Flüchtlingspolitik und immer autoritäreres innenpolitisches Gebaren auf Konfrontationskurs zur EU befindet, war die Forderung nach scharfen Konsequenzen lediglich eine Frage der Zeit. Wenn Viktor Orbán allen Ernstes einer „illiberalen Demokratie“ das Wort redet, dann sollte und muss man sich im Verein der Staaten Europas Gedanken über Konsequenzen machen.

Aber man sollte Jean Asselborns Äußerungen auch nicht überbewerten: Zuallererst müssen die Ungarn selber sehen, wie sie mit einer Regierung umgehen, die offenbar bestrebt ist, ihr Land „putinistisch“ umzugestalten. Noch gibt es eine Opposition, noch ist Ungarn keine Diktatur, noch gibt es freie Wahlen. Europa kann es sich nach dem Brexit wirklich nicht leisten, einen weiteren Staat aus der Union ziehen zu lassen. Aber wir müssen der ungarischen Regierung noch genauer als bisher auf die Finger schauen und diejenigen Kräfte stärken, die die ungarische Demokratie erhalten wollen. Strenger, aber wohlwollender Dialog ist angezeigt, so haben wir es – zum Glück – in der EU immer gehalten. Und Druckmittel hat die EU sehr wohl in der Hand: zum Beispiel über das System der Verteilung europäischer Fördermittel…