Sinn und Unsinn: Die Leistungskataloge der Krankenkassen

Sinn und Unsinn: Die Leistungskataloge der Krankenkassen

Wenn man nach Großbritannien schaut, wo der staatliche National Health Service (NHS) gerade kurz vor dem Kollaps steht, kann man ja trotz aller Klagen über die deutsche Zwei-Klassen-Medizin froh über unsere gesetzlichen Krankenkassen sein: Jedem gesetzlich versicherten Patienten und jeder Patientin soll der Leistungskatalog der Krankenkassen „einen Anspruch auf eine ausreichende, bedarfsgerechte, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende medizinische Krankenbehandlung“ garantieren, dies ist aktuell auch weitestgehend der Fall. Darüber hinaus sind die Krankenkassen individuell frei, zusätzliche Leistungen anzubieten. Und während den einen vielleicht eher die Bezuschussung einer professionellen Zahnreinigung überzeugt, wählt ein anderer die Krankenkasse, die ihm besondere Konditionen für Auslandsversicherungen bietet.

So weit, so gut. Beim näheren Hinsehen kann man aber bei einigen der angebotenen Leistungen doch ins Grübeln darüber geraten, wofür man eigentlich jeden Monat seine Beiträge zahlt, und zwar zum Beispiel beim Blick auf sogenannte „alternative Heilmethoden“. Alternativ, das bedeutet hier eine Alternative zur „Schulmedizin“, der wissenschaftlich fundierten Medizin. Nicht verwunderlich also, dass sich darunter auch  einige Angebote finden, deren wissenschaftliche Wirksamkeit nicht bewiesen oder sogar wiederlegt ist und die damit mit Fug und Recht als Mumpitz zu bezeichnen sind. In einigen Fällen mag das harmlos erscheinen, wenn etwa homöopathische Präparate bei einer Erkältung zur Symptomlinderung eingesetzt werden. Der Schnupfen wird schließlich abklingen, egal, ob man die wirkungslosen homöopathischen Zuckerkügelchen einnimmt oder nicht. Durchaus dramatischere Folgen kann es aber haben, wenn gefährliche Verfahren wie das der Eigenbluttherapie im Leistungskatalog einer Krankenkasse angeboten werden. Behandlungen wie diese müssen mit höchster Skepsis betrachtet werden, denn sie können zu schweren Nebenwirkungen führen, ihre Wirksamkeit hält keiner wissenschaftlichen Prüfung stand, und wenn sie möglicherweise als Ersatz für eine tatsächlich wirksame Therapie gedacht sind, können sie sogar zu einer Gefahr für Patientinnen und Patienten werden.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Selbstverständlich hat jede Patientin und jeder Patient in Deutschland ein Recht darauf, die eigene medizinische Behandlung frei zu wählen. Es kann aber nicht Aufgabe der Krankenkassen sein, über die Beiträge der Versicherten unwissenschaftlichen Hokuspokus zu bezahlen; insbesondere dann, wenn andere Leistungen, deren Wirksamkeit medizinisch unbestritten ist, durch die Versicherten teuer bezahlt werden müssen. Jeder gesetzlich Versicherte, der einmal auf eine Sehhilfe angewiesen war oder ist, kann bestätigen, dass eine stärkere finanzielle Unterstützung durch die Krankenkasse dabei äußerst wünschenswert wäre.

(Bild: Markus Würfel / CC BY-SA 3.0 / https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Tabletten.JPG)