Rede zum Haushalt der Stadt Chemnitz 2016

Rede zum Haushalt der Stadt Chemnitz 2016

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
sehr geehrte Herren Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
liebe Gäste,

wir beraten und entscheiden heute nicht nur den Haushalt unserer Stadt für das Jahr 2016 und die mittelfristige Finanzplanung, sondern zudem die von der Verwaltung vorgelegte Maßnahmenliste für die im Sächsischen Kommunal-Investitions-Stärkungs-Gesetz enthaltenen Bundesmittel. Letztere beschert uns den Umstand, Maßnahmen umzusetzen, die andernfalls im Haushalt oder in der mittelfristigen Finanzplanung zusätzlich, und nur sehr schwer hätten abgebildet werden müssen.

Eine verlockende Situation, die jedoch im Zusammenhang mit dem zum Beschluss vorgelegten Haushalt 2016 betrachtet werden muss. Die Entscheidung der Kämmerei, trotz des Defizits im Gesamtergebnis auf die tiefen Einschnitte zu verzichten, die es für einen ausgeglichenen Haushalt bedurft hätte, begrüßen wir. Die Aufstellung des Planentwurfs und die nun nach den Änderungen der Verwaltung vorliegende Beschlussvorlage sind unter schwierigen Rahmenbedingungen entstanden. Den kommunalpolitischen Handlungsspielraum zu erhalten, ist ein wichtiges Signal an uns, sehr geehrte Damen und Herren Stadträte und an Sie, verehrte Bürgerinnen und Bürger.

Es ist eben nicht so: „Die Flüchtlinge kriegen alles, wir kriegen nichts!“ oder „Auf einmal ist Geld da!“.

Die Strategie von AfD und in Chemnitz insbesondere von ProChemnitz, die Gesellschaft zu spalten, das Flüchtlingsthema zum gegeneinanderauspielen von Bevölkerungsgruppen zu verwenden darf und wird nicht aufgehen. Ihr Flugblatt, Herr Kohlmann, welches sie und ihre Truppenteile seit Samstag verteilen und in den sozialen Medien bewerben sagt es ja deutlich: „Für ein sicheres Kappel und solide Finanzen!“, „Steuergelder sind auch unsere Gelder“, „Das Minus wird allein durch die Asylkosten verursacht!“, Gegen Steuergeldverschwendung!“

Sie suggerieren damit ganz bewusst, dass es zu Kürzungen kommt, zu Einschnitten – die der „besorgte Bürger“ wegen der Flüchtlinge zu tragen hat: Angst schüren, Demagogie, Halbwahrheiten, Gerüchte – dass ist ihre Strategie!

Deshalb noch mal deutlich: Es wird an keiner Stelle gekürzt, es wird niemanden etwas weggenommen. Wir investieren für Bürgerinnen und Bürger, wir machen Politik für alle – das zeigen auch die Änderungsanträge von SPD, Linken, Bündnis90/Grüne, Vosi-Piraten und CDU/FDP.

Beiseite wischen lässt sich dieses Defizit im Gesamtergebnis jedoch nicht, so dass ich, bevor wir in die eigentliche Haushaltsberatung der vorliegenden Änderungsanträge einsteigen, an ein verantwortungs- und maßvolles Handeln appellieren möchte.

Wir haben für das Haushaltsjahr 2016 und auch für die mittelfristige Planung den glücklichen Umstand – ich sagte es bereits – dass mit dem Sächsischen Kommunal-Invest-Programm Maßnahmen möglich sind, die unseren Handlungsspielraum als Kommune erhöhen. Ich weise jedoch gern noch einmal auf die Unsicherheiten hin, die uns im Herbst, zeitgleich zur Ausreichung des Planentwurfs zum Haushalt, begleiteten.

Dem vehementen Einsatz von Ihnen, Frau Oberbürgermeisterin Ludwig und Ihnen, Herr Bürgermeister Schulze, ist es zu verdanken, dass diese Fördermittel nun auch für Erhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Ergebnishaushalt verwendet werden können. Andernfalls wäre es zu dem irrwitzigen Zustand gekommen, dass wir die zusätzlichen Investitionsmittel praktisch selbst aus dem Ergebnishaushalt hätten finanzieren müssen. Die erfolgreich verhandelte Öffnung erweitert den Spielraum der Stadt erheblich.

Den größeren Teil dieser Investitionsmaßnahmen, den aus Landesmitteln, werden wir zu einem späteren Zeitpunkt beschließen. Heute steht eine Maßnahmenliste zum Beschluss, welche die Bundesmittel aus dem Kommunal-Investitions-Förderungs-Gesetz umfasst, knapp 15 ½ Millionen Euro an Förder- und reichlich 5 Millionen Euro an Eigenmitteln.

Die Frage an die Staatsregierung in Dresden, weshalb die Ausreichung der bereits im Juni 2015 vom Bundestag beschlossenen Fördermittel erst in diesem Jahr möglich ist, sei schon deshalb erlaubt, weil die Maßnahmebeginne bereits im Juni 2015 möglich gewesen wären und die Abnahme derselben bis Ende 2018 zu erfolgen haben.

Unser Dank geht daher an die Stadtverwaltung, welche uns heute eine Maßnahmenliste zur Beschlussfassung vorlegt, die dann auch im Förderzeitraum umsetzbar ist. Die Mittel aus dem Kommunal-Invest-Programm sind zudem an bestimmte Förderzwecke gebunden. Unsere Fraktion hat daher im Januar gemeinsam mit den Fraktionen DIE LINKE sowie BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN vorgeschlagen, je ein Drittel für Schulhausbau, für KiTa-Sanierungen sowie für Tiefbaumaßnahmen anzuwenden. Diese Priorisierung folgt den Förderbereichen Infrastruktur, insbesondere im Lärmschutz und Barriereabbau, sowie Bildungsinfrastruktur und dort insbesondere in Form energetischer Sanierungen. Die heute zur Beschlussfassung vorliegende Liste stellt sich für uns genau dieser Priorisierung gerecht werdend dar und findet unsere Unterstützung ich werbe daher auch um eine breite Zustimmung.

Über die Fördermittel des Freistaates werden wir zu einem späteren Zeitpunkt beraten und abstimmen. Hierbei eine Maßnahmenliste zu beschließen, die auf breite Zustimmung stößt, liegt sehr in unserem Interesse und ich freue mich, wenn wir in den folgenden Wochen über die Fraktionsgrenzen hinweg gemeinsam in Austausch treten.

Rede zum Haushalt der Stadt Chemnitz 2016 – Teil 2

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,

ich sagte es eingehend, ein maßvolles Handeln ersetzt dieser zusätzliche Geldsegen nicht. Der überwiegende Teil der Herausforderungen des kommunalen Haushalts steckt im Ergebnishaushalt. Sicher hat die Öffnung, auch Erhalt und Instandsetzung bestehender Infrastruktur abzudecken, uns einen zusätzlichen Handlungsspielraum verschafft bzw. das dortige Defizit etwas verkleinert. Dass daraus nun der Schluss folgt, für das Haushaltsjahr 2016 ein unerwartetes Wunschkonzert anzustimmen, ist ein Trugschluss.

Es sind bestimmte Unwägbarkeiten zu bedenken, die verantwortungsvolle Änderungen zum Haushalt erfordern. Die Aufwendungen für Asylsuchende, zur Unterbringung, zur Integration, zur Betreuung lassen sich in Unkenntnis der zu erwartenden Zahlen in diesem Jahr nicht zu 100% zuverlässig einplanen.

Zudem sind im vorliegenden Haushalt steigende Personalkosten infolge der anstehenden Tarifrunde eingeplant. Die bezifferten 2,5% folgen der Empfehlung der Schlichtungskommission. Nun sind die Forderungen der Gewerkschaft ver.di bekannt, die einen Abschluss der Tariferhöhung bei 6% anstrebt. Das Ergebnis der Tarifverhandlungen können wir nicht absehen und wir können ihm folglich nicht vorgreifen. Das Stichwort „Theaterkonzept“ und seine Auswirkungen auf die folgenden Jahre sei zusätzlich genannt.

Fakt ist, ohne eine weitere, deutlich stärkere Unterstützung durch den Bund und den Freistaat können wir die umfangreichen Aufgaben gerade bei der Unterbringung und erfolgreichen Integration von Flüchtlingen nicht bewältigen:

Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans sagte dazu: „Das sind Folgen internationaler Konflikte. Die nötigen Finanzen könne kein Kämmerer einer Kommune und kein Finanzminister auf Landesebene aus eigenen Einnahmen erwirtschaften. Die Länder können nicht einfach der Puffer sein zwischen der schwarzen Null des Bundes und den hohen Kosten der Kommunen!“.

Es geht darüber hinaus ja auch um Folgekosten: Zuschüsse des Bundes für Sozialausgaben im SGB II oder auch den Bundesanteil an den Kosten der Unterkunft. Die teils heftigen Diskussion zu diesem Thema laufen auf der Bundesebene, sie kriegen das ja alle mit. Den Kollegen Abgeordneten des sächsischen Landtages möchte ich aber auch auf den Weg geben, dass die vom Bund bereitgestellten Mittel dann aber auch bitte vollständig an die Kommunen weiterzureichen sind!

Sich aus Bundesmitteln zu rechnen, eigene Aufgaben zu erfüllen und die Kommunen sozusagen vor Ort die Arbeit auf eigene Rechnung machen zu lassen, ist weder seriös noch verantwortlich. Gilt im Übrigen nicht nur für die Kosten von Flucht und Asyl, sondern auch für die Regionalisierungsmittel zur Finanzierung des Schienenpersonennahverkehrs.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,

der Planentwurf setzte bereits das deutliche Signal, trotz aller Unwägbarkeiten die Stadt Chemnitz mit einem Haushalt zu versehen, der diese im Sinne aller Bürgerinnen und Bürger handlungsfähig bleiben lässt. Forderungen aus dem Vorjahr, wie die Stärkung der Schulsozialarbeit sowie Maßnahmen zur Sprachförderung sehen wir bereits im Haushalt abgebildet. Zu diesem werden wir verantwortungsvoll und maßvoll Änderungen einreichen, die wir für dringend geboten und perspektivisch für sinnvoll erachten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

wir freuen uns auf eine sachliche Diskussion und hoffen natürlich, dass diese Anträge Ihre Zustimmung finden werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!